Evangelische Kirche Mitteldeutschlands

Wintzingerode

 

Geschichte der evangelischen
Gemeinde in Wintzingerode

Es ist überliefert, dass Wintzingerode schon im Jahre 1387 einen befestigten Kirchhof besaß. Ebenso eine kleine Wehrkapelle mit Wehrturm. Umgeben war alles von einer festen Mauer, hinter die sich die Dorfbewohner bei Raubüberfällen mit ihrem Vieh zurückziehen und verteidigen konnten. Eine erste urkundliche Erwähnung der Kirche stammt aus dem Jahr 1389; nicht überliefert ist ein Name der Kirche aus dieser Zeit. Die ersten evangelischen Gottesdienste wurden schon 1522 auf der Burg Bodenstein im sogenannten „Kornhaus“ gehalten. Im Bauernkrieg 1525 gab es keine Erhebungen der Bauern aus den Dörfern gegen ihre Burgherren auf Bodenstein, da es zwischen beiden Seiten immer ein gutes Schutz- und Dienstverhältnis gegeben hat. Im Jahr 1556 versorgte der „lutherische Pfarrer Augustin aus Ohmfeld“ die Pfarrei in Wintzingerode  mit. 1559 begab sich der Duderstädter Pfarrer Straehl mit seiner Familie unter dem Schutz von Ritter Barthold v. Wintzingerode nach Wintzingerode, wahrscheinlich war er der erste Pfarrer im Ort. Nachdem das Eichsfeld während der Reformationszeit am evangelischen Glauben festhielt, setzte schon 1570 die katholische Gegenreformation sehr heftig ein. Im Kampf für den Erhalt des evangelischen Glaubens wurde Barthold v. Wintzingerode in Händel mit dem Erzbischof von Mainz verwickelt und nach einem Scheinprozess 1575 in Mainz enthauptet. {mospagebreak}Sein Nachfolger wurde Bertram Ludolf v. Wintzingerode; ihm und allen anderen Nachkommen ist es zu verdanken, dass den Patronatsdörfern Wintzingerode, Kirchohmfeld, Kaltohmfeld, Tastungen und Wehnde der evangelische Glaube erhalten blieb.

An der Südseite der Kirche befindet sich eine Grabtafel mit der Darstellung des Bertram Ludolf von Wintzingerode. Er starb 1667 und wurde im Kirchengewölbe beigesetzt. Im Dreißigjährigen Krieg, etwa um 1630, ist das Dorf mit der Kirche fast vollständig niedergebrannt. Von der Kirche blieben nur die Grundmauern und der Steinaltar erhalten. Ständige Plünderungen und die „Pest“ sorgten für eine Jahre währende Zeit der Armut und des Elends. So konnte die Kirche erst um 1700 im einfachen Barockstil wieder erbaut werden. Wertvolle Kunstgegenstände zeugen aus dieser Zeit; ebenso der Taufengel (eine Stiftung derer von Wintzingerode) aus dem Jahre 1701. Ein Geheimnis birgt das Altarbild; es ist mit 1600 datiert und wurde von Friedrich Werner aus Northeim gemalt. Entweder konnte es im Dreißigjährigen Krieg gerettet werden oder es ist später aus einer anderen Kirche nach Wintzingerode gebracht worden. Es zeigt die Auferstehung Jesus als den „Sanftmütigen“ und ist im Stil des Bauernbarock gemalt. Eine umfangreiche Renovierung der Kirche gab es 1778, die Turmfahne zeigt diese Jahreszahl. Der Turm wurde dabei in seiner heutigen Form fertiggestellt. In der Zeit zwischen 1830 und 1860 wurde die Kirche um eine mechanische Orgel bereichert. Die im Mauerwerk des Turmes eingekratzte Jahreszahl 1869 deutet wahrscheinlich auf eine neuerliche Renovierung hin. Bis zum April 1857 diente der Platz um die Kirche als Friedhof; das letzte erhaltene Grabkreuz erinnerte an Gottlieb Hansen. Er war Diener der Frau Oberlandforstmeister v. Wintzingerode und starb im Jahre 1854.

Am 7. Mai 1857 fand die erste Beerdigung auf dem „neuen“ jetzigen Friedhof statt. Begraben wurde der Leineweber Johann Theophilus Wächter. Das evangelische Gemeindehaus wurde 1914 an Stelle der alten Pfarreischeune aufgebaut, es ist eine Stiftung des Senatspräsidenten und Geheimrat Walter Freiherr v. Wintzingerode und dessen Ehefrau aus Köln. Der Geheimrat verbrachte seine Jugend in Wintzingerode und da seine Ehe kinderlos war, sollte das Haus als Kindergarten dienen. Es gab darin außerdem einen Konfirmandenraum sowie die Wohnung der Kindergärtnerin. Die Einrichtung des evangelischen Kindergartens befand sich bis 1980 in diesem Gebäude. Im Saal wurde über viele Jahrzehnte in der kalten Jahreszeit der Gottesdienst gefeiert. Eine weitere große Renovierung der Kirche erfolgte 1928; das Natursteinmauerwerk wurde freigelegt und neu verfugt, das Tonnengewölbe neu verbrettert, die Kirche mit Lehmfarben  ausgemalt und der Turmkopf neu gesetzt. Gleichzeitig erhielt die Turmfahne die zweite Jahreszahl. Die beiden Glocken stammten noch aus den Jahren 1590/91, das wird so angenommen, da es keinerlei Aufzeichnungen über eine Erneuerung dieser gibt. Da die große Glocke gesprungen war, wurde sie 1934 durch eine Neue ersetzt. Gleichzeitig erhielten die Glocken statt der hölzernen jetzt eiserne Tragebalken. Als 1956 das Kirchdach neu eingedeckt wurde, erhielt die Kirche ihre heutigen Glocken, die alten mussten im Krieg abgeliefert werden. Mitte der Siebziger Jahre erhielt die Kirche neue Sitzbänke und eine elektrische Fußheizung. {mospagebreak}Im September 1992 gelang es Adolf Herda, gemeinsam mit seinem Sohn Mario, das Laufwerk des Taufengels zu reparieren. Kein Mitglied der Kirchgemeinde konnte mehr sagen, wann der Engel zum letzten Mal betätigt wurde. Am 13. September 1992 wurde als erstes Kind nach vielen Jahren Manuel Herda mit dem Engel getauft. Ende des Jahres 1992 erhielt das Pfarrhaus ein neues Dach, der Fachwerkaufgang an der Nordseite  der Kirche wurde erneuert und das Dach der Kirche neu eingedeckt. In  den letzten Jahren fanden immer wieder Renovierungs- , Erhaltungs- und Neubauarbeiten an und in der Kirche statt, um sie der evangelischen Kirchgemeinde Wintzingerode auch für die Zukunft zu erhalten.

Warum das Kirchweihfest alljährlich am vorletzten Oktoberwochenende gefeiert wird, ist nicht bekannt, denn die Kirche scheint nie eine Namensweihe erhalten zu haben. Erst im Kirchweihgottesdienst am 25.10.1998 erhielt die Kirche nach einem Beschluß des Gemeindekirchenrates den Namen „Sankt Katharina“. Katharina war eine Prinzessin aus Alexandrien, welches ein heidnisches Land war. Sie versuchte dort den Glauben an Christus zu verbreiten und wurde deswegen im Jahre 307 enthauptet; sie ist also eine der ersten Märtyrerinnen. Sie gilt als Schutzpatronin der Gelehrten und Geschulten aber auch der Minderheiten.

von Ute Wächter